Kohlwickel und Senfölbombe – altes Hausmittel gegen Entzündung

Cato der Ältere (234-149 vor Christus): „Der schwarze Krebs, er stinkt und sondert fauligen Brand ab, der weiße ist eitrig, aber fistelartig und eitert unter dem Fleisch. Auf die Wunden dieser Art reibe man den Kohl; er wird sie heilen.2

Die „Senfölbombe“ ist der Scharfmacher von Senf und Meerrettich, oder erzeugt einen bitteren Geschmack in Kohl, Rettich, Raps, Kresse und Rucola. Es ist das Abwehrsystem der Kreuzblütlerpflanzen zum Schutz vor Insekten, Pilzen, Bakterien und Viren.1 Der Zündsatz wird in zwei unterschiedlichen Zellkompartimenten gelagert und besteht aus dem Enzym Myrosinase und dem inaktiven Vorläuferstoff Glukosinolat. Wird die Pflanzenzelle angefressen, zerschnitten, oder zerkaut, explodiert die Bombe: die Myrosinase spaltet das Glukosinolat und das hoch wirksame Senföl entsteht. Über 120 verschiedene Senföle existieren, die seit der Antike als Heilmittel gegen Bakterien, Viren, Pilze, Entzündungen und sogar Krebs angewendet werden. 

Mangels Medikamenten wandten auch Ärzte während des zweiten Weltkriegs Kohlwickel an: sie legten Sauerkraut oder zerstoßene Kohlblätter direkt auf Abszesse, eiternde Wunden, Frostbeulen und Schwellungen. Für die innere Anwendung wurde roher Kohl gegessen oder Sauerkrautsaft getrunken. Das soll erstaunlich gut gegen Verdauungsprobleme, Sodbrennen, Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre, hohen Blutdruck, Übergewicht, Diabetes und Entzündungen geholfen haben. 

Kohlwickel sind bis heute ein beliebtes Hausmittel  

Je nach Lage der betreffenden Stelle eignet sich ein Stirn-, Hals-, Brust-, Arm, Bauch- oder Beinwickel. Der Kohlwickel sollte zwei Stunden bis über Nacht einwirken und täglich mit frischen Blättern wiederholt werden, bis eine Besserung eintritt. Er hilft bei vielfältigen Beschwerden, wie Geschwüren, Prellungen, Brustentzündung und Milchstau bei stillenden Frauen, Knieschmerzen, Sehnenscheidenentzündung, Tennisarm, Rheuma, Arthritis, Arthrose, neuralgische Schmerzen im Oberarm, Halsschmerzen, Bronchitis, Migräne und mehr.3  

Für die Wickel eignet sich am besten Wirsing oder Weißkohl. Verwendet werden vor allem die äußeren Blätter, weil hier besonders viele Glukosinolate enthalten sind. Das hängt damit zusammen, dass die Kohlpflanze ihre äußeren Teile mit einem besonders guten Abwehrmechanismus ausstattet, da diese vermehrt mit Kranheitserregern und Fraßfeinen in Kontakt kommen. Nach dem Waschen und Abtrocknen der Blätter gibt es zwei Möglichkeiten einen Kohlwickel herzustellen. Das Prinzip ist bei beiden Methoden gleich: die Pflanzenzelle muss zerstört werden um die Senfölbombe zu aktivieren. Erst dann kann das Myrosinasenzym die inaktive Vorläufersubstanz, das Glukosinolat, in das aktive und wirksame Senföl aufspalten.  

Methode 2:  Drei Kohlblätter raspeln, mit Öl vermischen, den Brei leicht auf ca. 50°C im Backofen erwärmen und n auf die betreffende Stelle auftragen, umwickeln mit Frischhaltefolie und mit einem Baumwolltuch, einer elastischen Binde oder einer alten Strumpfhose fixieren. 

Methode 1:  Drei Kohlblätter mit einer Küchenrolle oder einer Flasche flach walzen bis Saft austritt, oder  mit einem Fleischhauer zerstoßen. Die Blätter mit gutem Öl einreiben, z.B. natives Olivenöl, Canelinaöl, oder Maiskeimöl, im Backofen kurz auf ca. 50°C erwärmen und überlappend auf die schmerzenden, entzündeten Stellen legen. Das Ganze mit einem Baumwolltuch fixieren. 

Wirksamkeit von Kohlwickeln in Klinischer Studie 

Forscher der Universität Duisburg-Essen veröffentlichten 2016 eine Patientenstudie über die die Wirksamkeit von Kohlwickeln bei Knie-Arthrose.4   Sie schlossen 81 Teilnehmer mit Kniearthrose im Durchschnittsalter von 66 Jahren ein und unterteilten sie nach dem Zufallsprinzip in drei Gruppen. Während die erste Gruppe täglich für 2 Stunden einen Kohlwickel machte, rieb die zweite Gruppe das Knie einmal täglich mit Diclofenac-Schmerzgel ein und die dritte Gruppe erhielt eine konservative Behandlung. Nach vier Wochen zeigte es sich, dass sowohl Kohlwickel als auch Schmerzgel der üblichen Behandlung überlegen waren und die Schmerzen deutlich gelindert hatten. Auch die Beweglichkeit des Knies und die Lebensqualität hatten sich in der Kohlwickel- und Schmerzgelgruppe verbessert. Daher werden die Kohlwickel  als natürliche und nebenwirkungsfreie Alternative zu Schmerzgel empfohlen. 

Selbstversuch bei Sehnenscheidenentzündung mit positivem Effekt

Ich kämpfe nun schon seit zwei Wochen mit einer hartnäckigen Sehnenscheidenentzündung am Handgelenk vom vielen Tippen. Ich habe zwar die übliche Handgelenkschiene, aber die Entzündung lässt nicht nach. Daher bin ich nun zu Kohlwickeln übergegangen. Heute ist mein zweiter Wickeltag. Und in der Tat, ich kann die Wirksamkeit bestätigen: schon unmittelbar nach dem Auftragen macht sich die schmerzlindernde Wirkung bemerkbar und bleibt nach Abnehmen des Wickels erhalten. Ich werde den Wickel jetzt auch über Nacht tragen, um die Entzündung endlich los zu bekommen. Ich sollte für ein Weilchen mit Tippen aufhören, was ich aber nur ungern tue. 

Referenzen

1.         Herr I, Rausch V, Büchler MW. Senfölbombe der Kreuzblütler – pflanzlicher Verteidigungsmechanismus mit therapeutischer Wirkung. Deutsche Zeitschrift für Onkologie 2013;45:4-13.

2.         Cato MP. Über den Ackerbau. Originalversion etwa 160 vor Christus. Herausgegeben, übersetzt und erläutert von Dieter Flach. : Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2005.

3.         Pechatschek H. Kohlblatt – Ein großes Geschenk der Natur. Steyr, Österreich: Ennsthaler Verlag, 1987.

4.         Lauche R, Graf N, Cramer H, Al-Abtah J, Dobos G, Saha FJ. Efficacy of Cabbage Leaf Wraps in the Treatment of Symptomatic Osteoarthritis of the Knee: A Randomized Controlled Trial. Clin J Pain 2016;32:961-971.

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